Wochenendbeziehung: Chance und Risiken
„Ich hab mir das nicht ausgesucht. Ich hab mir nur meinen Beruf ausgesucht. Und ich hab mir SIE/IHN ausgesucht! Diese beiden Komponenten haben dann eben dazu geführt, dass ich in einer Wochenendbeziehung gelandet bin.“ Wenn man ihn so reden hört, könnte man meinen eine Wochenendbeziehung wäre mehr ein notwendiges Übel, als eine erfüllende Beziehungsform. Doch jede Beziehungsform hat seine Vor- und Nachteile.
Und auch in der Wochenendbeziehung gibt es Chancen und Risiken:
Chancen der Wochenendbeziehung
Als allererstes sollte man auch die Chancen sehen. Sonst wird es eine mühsame Tortur sich mit dem Partner von Wochenende zu Wochenende zu schleppen.
Und Chancen verdient hat die Wochenendbeziehung allemal:
Denn nur in einer Wochenendbeziehung ist es möglich, dass die Neugierde, die Sehnsucht und die magische Anziehungskraft des Partners möglichst lange erhalten bleiben. Sie wird von Woche zu Woche aufs Neue in einer meist gleich bleibenden starken Intensität erlebt. Von Alltagserscheinungen keine Spur. Der fehlende gemeinsam verbrachte Alltag macht dies so erst möglich.
Und diese wertvolle Freiheit, die man automatisch durch die (meistens beruflich bedingte) Trennungszeit gewinnt, kann man in vielerlei Hinsicht nutzen: Man kann seinen Freundeskreis weiter aktiv pflegen. Man kann sich voll und ganz auf seine Karriere und seine beruflichen Herausforderungen (Prüfungen, besondere Projekte etc.) konzentrieren.
Man bleibt quasi selbstständig, eine eigene „Persönlichkeit“, die den Alltag (Haushalt etc.) souverän allein bewältigen kann, fühlt sich aber dennoch verbunden und zugehörig zu seinem Partner.
Diese maßgebliche Nicht Einengung, kann auch wesentlich dazu beitragen, dass die Beziehung länger hält als eine zeitlich intensivere Beziehungsform. Von Langeweile; Alltagstrott und Streitereien aufgrund von Banalitäten, die gehäuft zu einem vorzeitigen Beziehungsende führen können, bleibt eine Wochenendbeziehung im stärkeren Ausmaße verschont.
Und trotzdem hat man sich fast immer was zu sagen: Dadurch das man den größten Teil der Woche nicht zusammen ist, dadurch dass der Partner bei den vielen Eindrücken und Erlebnissen, die man im Laufe seiner persönlichen Alltagswoche mitnimmt, nicht anwesend ist, stirbt die Kommunikation untereinander nie ab. Telefon/Handy, soziale Netzwerke, Singlebörsen, Chats oder auch die Videotelefonie als kleiner, trostspendender Ersatz für die fehlende Nähe, lassen Mann und Frau zu echten Kommunikationsprofis werden. So würden es sich manch andere in zeitlich intensiveren Beziehungsformen oft auch wünschen.
Aber genau solche Paare haben ja auch die Möglichkeit ihre in Trostlosigkeit und gähnender Leere versunkene Beziehung in eine Wochenendbeziehung umzuwandeln. Bevor das frühzeitige Aus für die Beziehung droht können sie ihrer eingeschlafenen Beziehung eine zweite Chance geben.
Die Wochenendbeziehung muss ja schließlich nicht ewig dauern. Egal ob als Gegenmaßnahme für eingeschlafene Beziehungen oder als einzige Wahl zu den persönlichen beruflichen Umständen: Es gibt immer auch die Möglichkeit die Beziehung (wieder) in eine richtige Beziehung zu verwandeln (z.B. durch Zusammenziehen; Änderung der beruflichen Umstände eines oder beider Partner usw.)
Harmonie; Ausgeglichenheit und Zufriedenheit. Diese Werte werden in einer Wochenendbeziehung von den meisten noch hochgehalten. Weil niemand möchte, dass die gemeinsame Zeit von Zoff und langen, nervenraubenden Diskussionen über Kleinigkeiten belastet werden.
Nicht, dass man nicht alles unter einen Hut bekommen würde. Als Wochenendbeziehungs-Akteur ist man sowieso schon ein Organisationstalent. Innerhalb kürzester Zeit lernt man die gemeinsame knapp bemessene Zeit sinnvoll zu nutzen.
Das größte Gut dabei ist das Vertrauen. Gerade in der Trennungszeit kommt dies besonders zur Geltung. Im Idealfall agiert man wie ein eingespieltes Team. Jeder kennt die Stärken und Schwächen des anderen. Jeder weiß sich zu hundert Prozent auf den anderen zu verlassen, auch wenn man von ihm räumlich getrennt ist.
Risiken der Wochenendbeziehung
Nachdem man erstmals gesehen hat, dass die Vorteile einer Wochenendbeziehung nicht an einer Hand abzuzählen sind, sollte man seiner großen Liebe also auch in Form einer Wochenendbeziehung unbedingt eine Chance geben.
Außer Acht lassen darf man die Risiken der Wochenendbeziehung natürlich dabei trotzdem nicht:
Denn es kommt durchaus auch sehr auf die Persönlichkeit der beiden Partner an. Manche Menschen brauchen einfach vielmehr Liebe, Geborgenheit; Zärtlichkeit und Nähe als es ihnen die Wochenendbeziehung bieten kann. Sie kommen trotz des anfänglichen Einlassens auf diese Beziehungsform schneller zu dem Punkt, wo sie in dieser Beziehungsform nicht mehr glücklich und zufrieden sind. Und dann den Partner mit dem Zusammenziehen oder der Trennung als Alternative konfrontieren.
Die fehlende Kontrolle über das was der Partner in seiner Freizeit während der Trennungszeit macht, treibt sie dann auch noch zusätzlich in eine schier endlose Verzweiflung. (Rasende), oftmals auch unbegründete Eifersucht baut sich und entlädt sich entweder gleich oder am Wochenende. Wenn sie sich gleich entlädt ist die Vorfreude und Sehnsucht auf ein Wiedersehen dahin. Das kann im Extremfall dazu führen, dass man sich auch mal nicht sehen will. Frisst man seine Eifersucht im Laufe der Woche immer mehr in sich hinein und konfrontiert den Partner am Wochenende damit, ist das Wochenende ebenfalls vorbei.
Gut, rein theoretisch, wenn der Partner nicht monogam veranlagt ist, kann er durch die fehlenden Kontrollmöglichkeiten wirklich ein Doppelleben (mit dem Führen einer parallelen zweiten Beziehung/Affäre) aufbauen. Und so quasi die Wochenendbeziehung künstlich in die Länge ziehen in der Hoffnung, dass das alles unentdeckt bleibt.
Außerdem ist die körperliche Liebe in der Wochenendbeziehung kein zu unterschätzender Faktor. Sex und Intimität gehört zu einer Liebesbeziehung dazu. Durch die Tatsache unter der Woche keine Intimitäten austauschen zu können (und das beginnt schon bei einfachen Dingen wie Küssen), entsteht gerade auch bei Leuten mit einem stärkeren sexuellen Verlangen eine gewisse Unzufriedenheit. Eine Unzufriedenheit, die Seitensprung und Affären zur Folge haben kann. Die Selbstbefriedigung oder auch der erotische Kontakt über eine Webcam der beiden Partner können daher durchaus ein Ventil bilden, um das vorzubeugen.
Wenn man die Woche endlich irgendwie hinter sich gebracht hat und endlich seine(n) Liebste(n) wieder in den Armen halten kann, ist die Erwartungshaltung ungeheuer groß. Die Vorstellungen darüber wie man die gemeinsame knapp bemessene Zeit können weit auseinanderklaffen und zu Diskussionspunkten führen. Flexibilität ist daher unbedingt erforderlich
Wenn beide Partner in eigenständigen Haushalten leben und noch dazu ein Kind haben, ist die Wochenendbeziehung für die Entwicklung des Kindes keine dauerhaft funktionierende Lösung. Da es immer auf ein Elternteil verzichten muss. Es sollte dann schnellstens darüber nachgedacht werden, die Haushalte zusammenzulegen.
Es ist sowieso viel billiger auf Dauer. Denn der Kostenfaktor bei einer Wochenendbeziehung ist nicht zu verachten. Wer keine günstigen Tarife oder Flatrates hat, kann schnell mal rückwärts umfallen, wenn er die Telefonrechnung in den Händen hält.